Black Flags: Die politische Farce der modernen Kunst im ZKM

Black Flags: Die politische Farce der modernen Kunst im ZKM
Edith Dekyndt © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Foto: Felix Grünschloß

In einer Welt, die von politischer Instabilität und ökologischen Krisen geprägt ist, präsentiert das ZKM mit „Black Flags“ eine Ausstellung, die ebenso dunkel wie provokativ ist. Unter der neuen Leitung des Direktors bringt das ZKM drei Künstler zusammen: Edith Dekyndt, William Forsythe und Santiago Sierra. Diese Ausstellung vereint sich durch das Symbol der schwarzen Flagge – ein vermeintliches Zeichen des Widerstands, das die Frage aufwirft, ob Kunst heute politisch sein muss oder eben nicht.

Forsythes „Black Flags“ inszeniert eine mechanische Choreografie, in der Roboterarme synchron schwarze Fahnen schwenken. Während die präzisen Bewegungen zweifellos technische Meisterleistungen sind, bleibt der künstlerische Wert umstritten. Wie ich bereits in meiner Kritik zu Forsythes „Synchronous Objects“ betonte, verkörpert seine Arbeit eine kalte Perfektion ohne emotionale Tiefe. Die Maschinen übernehmen menschliche Aufgaben und erinnern daran, wie entbehrlich die menschliche Arbeitskraft geworden ist. Doch anstatt eine tiefere Reflexion über unsere Beziehung zur Technik anzuregen, bleibt das Werk eine sterile Demonstration mechanischer Überlegenheit​​.

Santiago Sierra, der Provokateur der Gruppe, zeigt in seinem Beitrag „Black Flag“ immersive Fotos und Klänge von schwarzen Fahnen an den Polen. Dieses Werk soll vermutlich anarchistische Botschaften und Symbole des Widerstands evozieren. Doch es wirkt eher wie eine düstere Kulisse eines post-apokalyptischen Films. Schon in meiner Kritik zu Sierras „Political Prisoners“ habe ich hervorgehoben, dass seine provokativen Ansätze oft hohl wirken, wenn man die Schicht der inszenierten Dramatik abkratzt. Hier wiederholt sich dieses Muster: Anstatt echte Anarchie zu verkörpern, bleibt das Werk in seiner Oberflächlichkeit stecken​​.

Edith Dekyndt schließlich zeigt in ihrem Video eine Fahne aus schwarzen Haaren, die im Wind flattert. Dieses Werk soll an die Fragilität und Flüchtigkeit menschlicher Existenz erinnern. Doch die schwarze Haarfahne wirkt eher wie ein makabrer Scherz als eine tiefgreifende Reflexion über unsere ethischen und ökologischen Verantwortungen. Vielleicht ist es ein Versuch, zu zeigen, wie die Menschheit in einer komplexen Welt rücksichtsvoller handeln könnte, doch die Ausführung bleibt unbefriedigend. In meiner Kritik zu Dekyndts „The Black Mere“ habe ich bereits ihre Neigung zu übertriebener Symbolik kritisiert, die mehr Verwirrung als Klarheit stiftet.

Ombre indigène, part 2, Martinique, Edith Dekyndt © Edith Dekyndt
& courtesy argos centre for audiovisual arts © VG Bild-Kunst,
Bonn 2024

Nun stellt sich die Frage: Muss Kunst heute wirklich politisch sein? Die Ausstellung „Black Flags“ scheint diese Frage zu bejahen, doch die Umsetzung lässt zu wünschen übrig. Der politische Aktivismus in der Kunst erinnert an die Futuristen des frühen 20. Jahrhunderts, die ebenfalls mit Flaggen und provokanten Gesten arbeiteten. Die Futuristen, die mit ihrem Manifest und ihrer Liebe zur Geschwindigkeit und Technologie die Kunstwelt aufrüttelten, hatten zumindest den Mut, radikal zu sein. Ihre Flaggen waren Symbole einer echten Bewegung, einer echten Veränderung.

Im Vergleich dazu wirken die schwarzen Flaggen dieser Ausstellung wie ein schwacher Abklatsch – Symbole ohne Substanz, Aktivismus ohne wirkliche Tiefe. Die politische Botschaft verpufft in der inszenierten Dramatik und verliert ihre Schlagkraft. Statt uns zu inspirieren oder zu erhellen, bleibt nur eine einzige Lösung: Verbrennt die Flaggen.

Noch bis Oktober: https://zkm.de/de/ausstellung/2024/06/black-flags-edith-dekyndt-william-forsythe-santiago-sierra

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