ORNAMENTA 2024

ORNAMENTA 2024
11. Verkostungen ‚Shelving Seasons‘ von Suzanne Bernhardt und Philipp Kolmann, kuratiert von Willem Schenk, ORNAMENTA 2024, 5. Jul. – 29. Sep. 2024. Foto: Sander van Wettum, zur Verfügung gestellt von Ornamenta.

Ah, die Ornamenta – ein Hauch frischer Luft in einer Kunstwelt, die sich zunehmend im Sumpf intellektueller Überheblichkeit und moralischer Abgründe verliert. In einer Zeit, in der die Documenta nicht mehr durch ihre Kunst, sondern durch Skandale und den immer gleichen reaktionären Diskurs über Antisemitismus Schlagzeilen macht, erscheint die Ornamenta wie ein vorsichtiger, aber notwendiger erster Schritt, um Kunst wieder aus den Schatten der Ideologie und zurück ins Licht der Kreativität zu führen.

Ornamenta: Ein mutiger Anfang

Der Begriff „Ornamenta“, entlehnt aus dem Lateinischen, bedeutet „Zierde“ oder „Schmuck“. Was könnte passender sein für eine Ausstellung, die sich bewusst als Gegenstück zur aufgeblähten Pseudo-Intellektualität der Documenta positioniert? Die Ornamenta wagt es, nicht die Last der Welt auf ihren Schultern zu tragen, sondern die Kunst als das zu feiern, was sie im besten Fall sein kann: ein Mittel, um Schönheit, Provokation und Subversion zu vereinen, ohne in ideologische Schützengräben abzugleiten.

Natürlich ist die Ornamenta nicht perfekt. Es wäre naiv, zu behaupten, sie sei bereits eine vollendete Vision. Doch sie ist ein vielversprechender Anfang, ein Experiment, das zeigt, dass es möglich ist, Kunst wieder als Dialog zu denken – als offenen Raum, in dem unterschiedliche Stimmen gehört werden können, ohne dass sie von der toxischen Atmosphäre der Selbstgerechtigkeit erstickt werden.

Schmutzige Ecke: Schönheit im Unperfekten

Das Event „Schmutzige Ecke“ mag auf den ersten Blick chaotisch und sogar abstoßend wirken. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich hier ein Potenzial, das in seiner rohen Form genau das ist, was die Kunstwelt dringend braucht. Hier wird der Schmutz, der Müll – kurz: das Übersehene – zu einem Spiegel unserer Gesellschaft, ohne dass dabei der moralische Zeigefinger erhoben wird. Anders als die Documenta, die sich zunehmend in ihrem eigenen intellektuellen Schwefel suhlt und dabei vergisst, was Kunst für die Gesellschaft leisten kann, zeigt die „Schmutzige Ecke“, dass auch in der Unvollkommenheit Schönheit und Bedeutung zu finden sind.

Diese Ausstellung ist kein Versuch, die Welt zu retten oder uns zu belehren. Sie ist vielmehr eine Einladung, das Chaos zu umarmen und in den Unrat der Gegenwart das Potenzial für eine bessere Zukunft zu sehen. Hier wird nicht moralisiert, sondern schlicht gezeigt: Das ist die Welt, in der wir leben, und auch sie verdient eine Bühne.

Binding the Moment: Die Kraft des Augenblicks

Die Ausstellung „Binding the Moment“ im „Zum Eros“ greift eine der ältesten künstlerischen Obsessionen auf: den Versuch, den flüchtigen Moment einzufangen und ihn in etwas Ewiges zu verwandeln. Doch im Gegensatz zu den überintellektualisierten Ansätzen der Documenta, die oft den Moment in einer Wolke aus Theorien und Bedeutungsüberfrachtung ertränkt, gelingt es der Ornamenta hier, die Schönheit des Augenblicks zu feiern, ohne ihn zu überfrachten.

‚Bad Databrunn: eine Ausstellung über die Blase, Regenbögen und Digital Detox‘, kuratiert von Jules van den Langenberg, Willem Schenk, Katharina Wahl, ORNAMENTA 2024, 5. Jul. – 29. Sep. 2024. Foto: Sander van Wettum, zur Verfügung gestellt von Ornamenta.

„Binding the Moment“ zeigt, dass Kunst nicht immer die Last der Welt tragen muss,

um bedeutend zu sein. Manchmal reicht es, den Moment so zu nehmen, wie er ist – vergänglich, unvollkommen, aber gerade deshalb so wertvoll. Im Vergleich zu den pseudo-tiefgründigen Installationen der Documenta, die oft mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben, ist diese Ausstellung eine wohltuende Erinnerung daran, dass Kunst auch zugänglich und direkt sein kann, ohne dabei an Tiefe zu verlieren.

Ornamenta vs. Documenta: Der wahre Kampf

Während die Documenta in ihren eigenen intellektuellen Ambitionen erstickt und in den letzten Jahren durch die falsche Art von Provokation – nämlich durch antisemitische Inhalte – auf sich aufmerksam macht, zeigt die Ornamenta, dass es einen anderen Weg gibt. Einen Weg, der zwar noch nicht ausgereift ist, aber das Potenzial hat, die Kunstwelt aus dem Morast zu ziehen, in den sie gefallen ist.

Wie ich bereits in meiner Kritik zu betonte, hat die Kunst oft den Fehler gemacht, sich selbst zu ernst zu nehmen und dabei ihre wahre Kraft zu verlieren. Die Ornamenta hingegen zeigt, dass Kunst auch leichtfüßig, experimentell und offen sein kann, ohne dabei ihre Relevanz zu verlieren.

Fazit: Die Ornamenta ist vielleicht noch nicht die perfekte Ausstellung, aber sie ist ein wichtiger Anfang. Sie zeigt, dass es möglich ist, Kunst aus dem intellektuellen Gefängnis zu befreien, in das sich Veranstaltungen wie die Documenta selbst eingeschlossen haben. Die Zukunft der Kunst liegt in der Offenheit, im Mut zum Experiment und in der Bereitschaft, auch das Unperfekte als Teil des künstlerischen Prozesses zu akzeptieren. Wenn die Ornamenta eines zeigt, dann dass die Kunst noch nicht verloren ist – sie braucht nur den Mut, neue Wege zu gehen.

Noch bis ende September 2024: https://ornamenta2024.eu/de

1.Öffentliches Kunstwerk ‘Haug Regenbogenbrunnen’ vom Künsterl*innenduo Veronika Sedlmair und Brynjar Sigurðarson, kuratiert von Jules van den Langenberg, ORNAMENTA 2024, Juli 2024. Foto: Sander van Wettum, zur Verfügung gestellt von Ornamenta.

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