Dieses Kunstwerk, eine Ansammlung von farbigen Quadraten in einem chaotisch-rasterartigen Muster, ist ein Paradebeispiel für die Leere und Gleichgültigkeit, die die zeitgenössische abstrakte Kunst oft ausstrahlt. Die Komposition scheint eine Hommage an Gerhard Richters „1024 Farben“ zu sein, jedoch ohne die intellektuelle Strenge oder das zugrunde liegende Konzept, das Richters Werk auszeichnete. Stattdessen wirkt es wie eine willkürliche Aneinanderreihung von Farbfeldern, die weder Harmonien noch Kontraste tiefgründig ausloten.
Was soll uns diese Arbeit sagen? Die Quadrate scheinen auf den ersten Blick von Zufall geprägt zu sein – ein Muster ohne Intention, das sich vielleicht der digitalen Ästhetik annähern will. Doch in ihrer Verspieltheit entlarvt sie sich als oberflächliche Interpretation einer algorithmischen Perfektion, ohne tatsächlich die Präzision oder die philosophische Tiefe einer maschinell erzeugten Komposition zu erreichen. Die Farben stehen isoliert, sie kommunizieren nicht miteinander, wie es etwa die impressionistische Farbharmonie oder die organische Logik eines Piet Mondrian tut. Stattdessen entsteht eine visuelle Kakophonie, die trotz ihrer Farbenfreude leblos und stumpf wirkt.
Die Präsentation auf einer Staffelei in einem sterilen, fast industriell anmutenden Raum suggeriert eine gewisse Distanz zur traditionellen Kunstbetrachtung – als ob das Werk bewusst darauf abzielt, sich jeglicher Bedeutung zu entziehen. Es strahlt die Ästhetik eines Screensavers aus, das digitale Zeitgeist atmet, jedoch ohne die Konsequenz, tatsächlich den Diskurs über Technologie, Zufall und Farbe voranzutreiben.
Die Frage bleibt: Ist dies ein Kommentar zur Unordnung der modernen Welt? Ein Plädoyer für die Zufälligkeit in der Kunst? Oder bloß eine Sammlung bunter Kästchen, die in ihrer Banalität kaum über die Ebene des Dekorativen hinauskommt? Hier zeigt sich, wie Kunst, die sich ihrer eigenen Aussagekraft beraubt, leicht zu einer bloßen ästhetischen Ablenkung verkommen kann.
Ein Lichtblick bleibt jedoch: In dieser nahezu aggressiven Gleichgültigkeit, dieser kompletten Verweigerung, sich auf einen klaren Dialog mit dem Betrachter einzulassen, erreicht das Werk möglicherweise eine Art brutale Ehrlichkeit. Es zeigt uns die Austauschbarkeit moderner visueller Kultur, die in unzähligen digitalen Bildern und unüberlegten Designentscheidungen erstickt. Doch dies als Absicht zu unterstellen, wäre zu viel der Ehre – und so bleibt das Kunstwerk ein schwacher Abklatsch stärkerer, durchdachterer Vorbilder.
Der Vergleich – SWR KULTUR
Diese beiden Kunstwerke präsentieren sich als Antithesen zueinander und laden zur reflexiven Betrachtung dessen ein, was zeitgenössische Malerei leisten kann – oder vielmehr, was sie nicht zu leisten vermag. Das linke Werk mit seiner explosiven Farbigkeit steht in direktem Kontrast zur reglementierten Struktur der rechten Komposition, die, wie bereits angemerkt, stark an Gerhard Richters „1024 Farben“ erinnert, jedoch dessen Raffinesse nicht erreicht.
Werk links: Explosion der Impulsivität
Das linke Werk könnte als Versuch gesehen werden, die rohe Energie der Expressionisten oder des Action Paintings wiederzubeleben. Doch anstatt die emotionale Tiefe eines Jackson Pollock oder die philosophische Weite eines Wassily Kandinsky zu erreichen, bleibt das Bild in einem spekulativen, unklaren Raum hängen. Die Farben sind wild, das Pinselwerk gestisch – aber ohne erkennbare Intention oder narrative Führung. Was bleibt, ist der Eindruck eines chaotischen Überschwangs, der mehr mit der Lust am Malprozess zu tun hat als mit einem durchdachten Ausdruck. Trotz allem schafft es das Werk, eine organische Lebendigkeit zu vermitteln, die im Kontext der sterilen Umgebung beinahe erfrischend wirkt.
Werk rechts: Der Algorithmus des Lebens
Das rechte Werk, mit seiner Rasterstruktur und den isolierten Farbfeldern, scheint sich nach Kontrolle und Ordnung zu sehnen – oder sie zu parodieren. Doch auch hier stellt sich schnell Ernüchterung ein. Die strengen Linien und die systematische Anordnung der Farben entfalten keinerlei Harmonie, keine narrative Spannung. Es ist ein Bild, das keine Resonanz sucht und, paradoxerweise, genau in dieser Gleichgültigkeit seine stärkste Aussage macht: eine visuelle Übung in Konzeptlosigkeit.
Ein Vergleich: Das bessere Werk?
Obwohl das linke Werk auf den ersten Blick unkoordiniert und amateurhaft wirkt, gelingt ihm das, woran das rechte scheitert: Es zieht den Betrachter in seinen inneren Kosmos. Während das rechte Werk wie ein kühler Kommentar zur Austauschbarkeit moderner visueller Kultur erscheint, besitzt das linke zumindest den Hauch einer Seele – auch wenn diese fragmentarisch und ungeformt bleibt.
Kurz gesagt: Das linke Werk triumphiert, aber nur knapp. Es ist weniger eine Auszeichnung seiner Stärke als eine Kritik an der Leere seines Gegenübers. Die beiden Bilder vereinen sich in einem Raum, der mehr über die Schwächen zeitgenössischer Kunst spricht als über ihre Errungenschaften.
Welches ist mehr Wert?
Auf einem imaginären Kunstmarkt und bei Sammlern dürfte das rechte Werk mit seiner konzeptuellen Anmutung und Nähe zu bekannten Stilen einen höheren Wert erzielen. Das linke Werk hingegen hat mehr Potenzial, auf einer rein ästhetischen oder emotionalen Ebene geschätzt zu werden. Doch letztlich hängt der Wert von Kontext, Interpretation und vor allem der Geschichte ab, die der Künstler oder der Markt dem Werk zuschreibt. Wert ist weniger eine Eigenschaft des Bildes als ein Spiegel unserer Erwartungen und Präferenzen.
Hier geht es zum SWR-Beitrag: https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIxNDk4MDY