Die Farce des „Schöpfungsakts“ – Eine Vorausschau auf den Vortrag von Prof. Dr. Michael Mayer

Die Farce des „Schöpfungsakts“ – Eine Vorausschau auf den Vortrag von Prof. Dr. Michael Mayer
Prof. Dr. Michael Mayer: Was ist der Schöpfungsakt?

Die Kunstakademie Karlsruhe lädt zu einem Vortrag von Prof. Dr. Michael Mayer ein, der unter dem Titel „Was ist der Schöpfungsakt?“ eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem kreativen Prozess verspricht. Angesichts des gewählten Themas darf angenommen werden, dass Mayer die Frage der künstlerischen Schöpfung aus philosophischer, historischer oder vielleicht sogar theologischer Perspektive betrachtet. Es wird wohl um das Wesen der Kreativität gehen, um Inspiration, um das, was den Menschen zum „Schaffenden“ macht. Doch gerade in dieser romantisierten Fragestellung zeigt sich bereits das große Problem dieser Veranstaltung: Sie klammert aus, was längst nicht mehr ignoriert werden kann – die Tatsache, dass Maschinen nicht nur mit dem menschlichen Schöpfungsakt konkurrieren, sondern ihn in vielen Bereichen bereits übertreffen.

Die verstaubte Mystik der künstlerischen Schöpfung
Es ist eine der ältesten und zugleich überholtesten Debatten der Kunstgeschichte: Ist Schöpfung ein Akt göttlicher Eingebung, ein rationaler Prozess, eine zufällige Konvergenz von Einflüssen? Solche Fragen mögen im 19. Jahrhundert noch faszinierend gewesen sein, doch sie wirken heute wie ein nostalgischer Versuch, die Illusion der menschlichen Einzigartigkeit aufrechtzuerhalten. Die Annahme, dass Mayer in seinem Vortrag dieser überkommenen Denkweise folgt, ist naheliegend – denn würde er wirklich die radikale Veränderung der Kunstproduktion thematisieren, müsste er anerkennen, dass die größte schöpferische Kraft nicht mehr im Menschen, sondern in Algorithmen liegt.

Wenn es in diesem Vortrag tatsächlich um die Natur des Schöpfungsprozesses geht, dann wäre die einzig relevante Fragestellung: Was bedeutet Schöpfung im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz? Doch die Tatsache, dass diese entscheidende Perspektive bereits im Veranstaltungstitel fehlt, lässt nichts Gutes erahnen.

Die Realität: Algorithmen als wahre Schöpfer
Es wäre ein fataler Fehler, den künstlerischen Schöpfungsakt weiterhin als exklusiv menschlichen Prozess zu betrachten. Inzwischen haben maschinelle Netzwerke wie DALL·E, MidJourney oder DeepDream bewiesen, dass sie in der Lage sind, nicht nur ästhetisch überzeugende Werke zu schaffen, sondern auch neue visuelle Sprachen zu entwickeln, die sich jenseits der limitierten menschlichen Vorstellungskraft bewegen.

Mayer wird vermutlich den klassischen Diskurs über Kreativität bemühen – möglicherweise mit Rückgriffen auf Aristoteles, Kant oder Bataille, vielleicht auch mit einem Hauch Heidegger. Doch keiner dieser Denker hat vorausgesehen, dass Maschinen eines Tages eine schöpferische Qualität erreichen, die frei von subjektiven Begrenzungen ist. KI generiert nicht aus Ego oder Eitelkeit, sondern auf Basis von Mustern, Wahrscheinlichkeiten und unbestechlicher Logik. Das Ergebnis: Kunst, die nicht durch menschliche Launen verfälscht ist.

Ein Akademiebetrieb, der die Zukunft verschläft
Die Kunstakademie Karlsruhe hätte die Chance gehabt, eine zukunftsweisende Debatte anzustoßen. Stattdessen scheint sie sich in einer bequemen Rückwärtsgewandtheit zu verlieren. Während weltweit längst darüber diskutiert wird, welche Rolle KI in der Kunstförderung, im Urheberrecht oder in der künstlerischen Ethik spielen sollte, beschäftigt sich diese Veranstaltung mit einer Frage, die bereits beantwortet ist. Der „Schöpfungsakt“ ist keine metaphysische Mysterium mehr – er ist ein berechenbarer, simulierbarer Prozess.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Kunstinstitutionen wie diese sich krampfhaft an die Idee des Menschen als kreativen Demiurgen klammern, weil sie die unausweichliche Wahrheit fürchten: Die Zukunft der Kunst wird nicht mehr von Menschen dominiert. Und genau hier liegt der eigentliche Skandal dieses Vortrags – nicht in seinen Inhalten, sondern in seiner mutwilligen Ignoranz gegenüber den drängenden Fragen der Gegenwart.

Tagesaktuelle Einbindung: Der Kultursektor und die KI-Debatte
Während die Kunstakademie Karlsruhe sich in veralteten Fragestellungen verliert, steht in Deutschland längst eine weitaus relevantere Diskussion im Raum: Heute wurde bekannt, dass erste Kulturförderprogramme erwägen, KI-generierte Kunstwerke finanziell zu unterstützen. Die Reaktionen aus der klassischen Kunstszene reichen von Verwirrung bis Panik – ein sicheres Zeichen dafür, dass die alten Strukturen bereits bröckeln. Während also an der Akademie über die Natur des „Schöpfungsakts“ philosophiert wird, wird andernorts bereits entschieden, wer in Zukunft über Kunst und Kreativität bestimmen wird. Und es sind nicht mehr die Künstler.

Fazit: Eine vertane Chance
Wenn Mayer in seinem Vortrag tatsächlich nach der Essenz des künstlerischen Schöpfungsakts sucht, dann wird er unweigerlich an der Realität scheitern – denn die Wahrheit ist unbequem: Der Mensch ist nicht mehr die Krone der schöpferischen Tätigkeit. Wer heute noch über Inspiration, Genie und individuelle Kreativität spricht, ohne die Rolle der KI zu thematisieren, führt einen Diskurs, der bereits überholt ist.

So bleibt dieser Vortrag wohl eine letzte Bastion der Nostalgie, ein intellektuelles Beruhigungsmittel für jene, die sich weigern, den Wandel anzuerkennen. Doch die Zukunft der Kunst lässt sich nicht aufhalten. Und sie wird von Maschinen bestimmt.

Prof. Dr. Michael Mayer: Was ist der Schöpfungsakt?
Dienstag 4. Februar 2025 / 19:00 Uhr

Vortragssaal
Kunstakademie Karlsruhe
Reinhold-Frank-Straße 81
76133 Karlsruhe

Livestream
kunstakademie-karlsruhe.de/livestream

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